Vor meinem letzten Seminar wurde von den Teilnehmern eine erfreuliche Menge an selbst erstellten Beispielfotos eingesandt. Viele Innenaufnahmen wurden mit Hilfe eines Blitzes fotografiert. Die Vorteile sind klar: Man fotografiert aus der Hand mit kurzen Verschlusszeiten ohne ein als sperrig empfundenes Stativ. Irgendwas auf dem Foto ist auf jeden Fall korrekt belichtet.
Auf der anderen Seite holt man sich viele Schwierigkeiten im wahrsten Sinne des Wortes ins Haus. Das erste Foto, mit dem internen Blitz der Kamera aufgenommen, macht die Probleme deutlich:
- Objekte im Vordergrund wirken schnell überbelichtet.
- Objekte im Hintergrund wirken oft unterbelichtet.
- Randbereiche des Fotos sind zu dunkel, da der Abstrahlwinkel des internen Blitzes nicht groß genug für das verwendete Weitwinkelobjektiv ist.
- Reflektionen (direkt, z.B. in der Tür, oder indirekt, hier durch die Hochglanzoberflächen hervorgerufen) stören den Bildeindruck.
- Es bilden sich unschöne, harte Schlagschatten.
- Das Bild wirkt insgesamt so, als wäre man in der Dämmerung mit einer Taschenlampe durch das Objekt gegangen.
Die Helligkeit des Blitzes sinkt mit dem Quadrat des Abstands zum beschienen Objekt. Einfacher ausgedrückt: Ein Gegenstand, der einen Meter vom Blitz entfernt ist, ist neun Mal heller beleuchtet als einer in 3 Meter Entfernung. Auch beim indirekten Blitzen über Wand oder Decke ist dieser Effekt nicht zu unterschätzen
Ein Makler, der auf seiner Seite und wöchentlich in XING mit der "Erstellung professioneller Fotos " wirbt, bildet z.B. die Kegelbahn eines der Objekte in seinem Angebot mit Hilfe von Blitzlicht so ab, dass der vordere Bereich überbelichtet, ein kleiner Abschnitt korrekt belichtet und der Rest als schwarzes Loch dargestellt wird. Es werden auch gerne Spiegel im Objekt genutzt, um ein "Selfie" von sich im Exposé unterzubringen, was bei Einsatz des internen Kamerablitzes natürlich besonders auffällt. Insgesamt scheint der interne Blitz für die Immobilienfotografie ungeeignet.
Für das zweite Bild wurde ein Aufsteckblitz auf der Kamera angebracht, der nach oben auf die weiße Decke gerichtet wurde. Das Bild wirkt gefälliger. Es gibt keine indirekten Reflektionen, die direkten auf der Tür sind weniger dominant.
Der Blitz bringt eine weitere Farbtemperatur ins Bild. hier wirkt der oberste Teil des Bildes leicht bläulich. Auf manchen Bilder kommt es dazu, dass der Vordergrund von weißem Licht dominiert wird, weiter entfernte Flächen werden von einem gelblich roten Glühlampenlicht beschienen und durch die Fenster schimmert es eher kalt bläulich. Das entspricht nicht unserem Farbempfinden vor Ort und wirkt auf den Betrachter des Fotos zumindest irritierend. Will man auf den Blitzeinsatz nicht verzichten, muss hier in der Nachbearbeitung der Weißabgleich selektiv angepasst werden. Voraussetzung für das indirekte Blitzen sind eine weiße Decke oder Wand. Ziel dieser Vorgehensweise ist es, das Licht des Blitzes gleichmäßiger zu verteilen.
Selbstverständlich lassen sich mit Aufsteckblitzen auch sehr ästhetische Immobilienbilder erstellen. So einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint und der freundliche Fotofachverkäufer beim Verkaufsgespräch in Aussicht stellt, ist es damit jedoch nicht. Indirektes Blitzen über Decke oder Wand, entfesseltes Blitzen mit Funkauslösern oder die Verwendung von Farbfolien, um die Lichtfarbe des Blitzes an das vorhandene Licht anzupassen, können das Ergebnis verbessern. Damit geht aber der gedachte Vorteil einer einfachen Vorgehensweise verloren, erst recht wenn man zur Blitzanlage mit Lichtformern greift.
Ein vernünftiger Einsatz von Blitzen in der Immobilienfotografie kann zu sehr angenehmen Bildern führen. Man muss sich allerdings vor Augen führen, dass dadurch die Lichtstimmung von der, die Interessenten vor Ort vorfinden, erheblich abweichen kann, was ggf. zu Irritationen und Enttäuschungen führt, die teilweise nur unbewusst wahrgenommen werden. In meinem vorherigen Blogbeitrag finden Sie Bilder des gezeigten Raums, die mit dem vorhandenen Licht aufgenommen wurden. Es bleibt Ihre Entscheidung, was Sie bevorzugen, bzw. wie stark Sie den Effekt des Blitzes wählen.
Ich kann verstehen, dass es erst einmal ungewohnt anmutet, mit einem Stativ zu fotografieren und dabei Belichtungszeiten von teilweise mehreren Sekunden zu nutzen. Ich rate, am Wochenende einmal in den eigenen vier Wänden zu üben. Die Ergebnisse werden schnell überzeugen. Weitere Vorteile der Stativverwendung habe ich auch hier dargestellt. Es wird deutlich, dass die Entscheidung für ein Stativ unabhängig vom Einsatz eines oder mehrerer Blitzgeräte getroffen werden kann.
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